visarte zürich

Eine Fragerunde mit Galerist Etienne Lullin

Was ist bloss los mit der Zürcher Galerie-Landschaft

Kürzlich fand der «Info-Grill» der Visarte-Gruppe Zürich im Innenhof des Sihlquai 55 statt. Das traditionelle jährliche lockere Meeting dient der Information und dem Austausch der Visarte-Mitglieder, als Gast war diesmal Etienne Lullin von der Galerie LULLIN+FERRARI eingeladen

Visarte Zürich-Präsident Sandi Paucic informierte gemeinsam mit Kuratorin Daniela Minneboo über die Vorbereitungen für die ‘Kunst: Szene 2018’, welche vom Präsidialdepartement der Stadt organisiert wird. Visarte Zürich beteiligt sich mit einem attraktiven Ausstellungs- und Anlass-Programm an dem Grossprojekt. In Kooperation mit der Amboss-Rampe soll ein zentraler Treffpunkt für die über die ganze Stadt verteilten Ausstellungsräume geschaffen werden. Dort finden unter dem Motto ‘Geschlossene Gesellschaft – heute offen’ Präsentationen von Zürcher Kunstplattformen statt, eine Pop up Galerie, welche von Markus Weiss verantwortet wird, zeigt Positionen des Zürcher Kunstschaffens. Der von Daniela Minneboo kuratierte Showreel zeigt Zürcher Videokunst seit den 1990er Jahren. An der Amboss-Rampe findet zudem am Freitag, 23. November die Eröffnungsparty der ‘Kunst Szene 2018’ statt.

Als Gast an der Informationsveranstaltung war diesmal Galerist Etienne Lullin von der Galerie LULLIN+FERRARI anwesend. Im Gespräch mit Sandi Paucic, das im folgenden von Marlis Spillmann zusammgenfasst wurde, stellte sich der Galerist den Fragen der anwesenden Kunstschaffenden zu Themen der aktuellen Situation von Galerien. Paucic eröffnete das Gespräch mit der pointierten Frage, was denn angesichts der zahlreichen Schliessungen der letzen Jahre wohl los sei in der Zürcher Galerienlandschaft.

Die Frage beantwortet Etienne Lullin mit der Verlagerung der Interessen von Sammlern, die nicht mehr zwingend eine Galerientreue entwickeln würden. Zudem sei für viele Galerien die Ambivalenz über die finanzielle aufwändige Teilnahme an Messen ein schwieriges Feld. Internetangebote würden zwar zunehmend auch genutzt, könnten aber trotzdem niemals den Blick aufs Original und das Angebot der Galerie ersetzen.

Viele Visarte-KünstlerInnen haben keine Galerievertretung, wie ein spontane Umfrage während des Gesprächs ergab. Einige interessieren sich deshalb für „das richtige Vorgehen“, wie man zu einer Galerie kommt. Etienne Lullin gibt den Rat, dass man sich zuerst mit einer potenziell geeigneten Galerie vertraut machen und eine „Beziehung“ aufbauen sollte. Persönliche Kontakte seien wichtig. Er rät davon ab, einfach mit einer Arbeitsmappe unter dem Arm eine Galerie zu betreten oder diese per Post zu schicken.

Lullin erwähnt, dass die Erwartungen der KünstlerInnen an die Galeristen im allgemeinen hoch seien. Ein Galerist versuche in der Regel, die vertretenen KünstlerInnen nebst der regelmässigen Präsentation in der eigenen Galerie, in Kunsthäusern und Museen zu platzieren. Dazu würden Dossiers verschickt, Netzwerke gepflegt, Telefonate gemacht etc. Dies sei ein sehr aufwändiger und langwieriger Prozess. Eine Galerie sei schliesslich aber auch kein absoluter Garant für den Erfolg.

Abschliessend wird der Galerist von einem Visarte-Mitglied gefragt, ob er für die von ihm gemeinsam mit Corrado Ferrari betriebene Galerie eine Art 5-Jahresplan habe. Etienne Lullin bejaht dies. Er findet den Typ der Programm-Galerie weiterhin einen guten Ansatz, den sie verfolgen möchten. Den Gedanken, das Feld für die von ihnen vertreten Kunstschaffenden weiter zu öffnen für kuratierte Gruppenausstellungen, Präsenzen in anderen Zusammenhängen und selbst bei anderen Galerien seien zu entwickelnde Optionen, Flexibiliät sei auch seitens der Galerien gefordert. Auch der Secondary Market sei immer als Option im Auge zu behalten.

Ein weiteres Votum aus dem Publikum: KünstlerInnen brauchen nicht zwingend eine Galerie, da auch grosse Galerien Verkäufe garantieren könnten. Es gäbe noch andere Modelle wie Off-Spaces, Agentur-Modelle usw.

Die Diskussion zeigt, dass das Verhältnis von Galerien und von Kunstschaffenden ein Spannungsfeld ist, welches produktiv aber auch problematisch sein kann, zumal sich gewisse Kunstschaffende trotz grossen Engagements übergangen fühlen vom Markt.

Im Namen von Visarte Zürich möchten wir Etienne Lullin ganz herzlich danken für seinen wichtigen Beitrag und für seine offenen Auskünfte auf die vielen brenennden und direkten Fragen.